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Selbstmord im Kinderzimmer

Selbstmord im Kinderzimmer

Beitragvon absynthe-eyes » Sa Jan 31, 2009 15:01

Ich bekam gerade einen Artikel zugeschickt, der mich zutiefst erschrocken und aufgewühlt hat:

"Rund 20.000 Jungen und Mädchen in Berlin zwischen sechs und 14 Jahren sind selbstmordgefährdet. Alles Kinder, die bis zum ersten Lebensjahr nicht genügend Liebe und Zuwendung erhielten. Dieses Defizit läßt sich nur mit Hilfe von Fachleuten ausgleichen. Wenn das nicht passiert, sind diese Kinder ein Leben lang gestört."

Purmann schätzt: "Etwa fünf Prozent aller Unfallopfer bis zum zehnten Lebensjahr sind Selbstmordopfer. Kinder sind nicht in der Lage, mit Erwachsenen über ihre seelischen Probleme zu reden. Sie fressen die Verzeiflung in sich hinein, geben sich oft selbst die Schuld für Probleme in der Familie. Wollen sich dafür bestrafen uns inszenieren Unglücke." Der Psychologe nennt Beispiele:
Ein sechsjähriger Junge trank ätzendes Reinigungsmittel. Erst als Ärzte im Krankenhaus behutsam nachfragten, kam heraus, dass es kein Unfall, sondern ein Selbstmordversuch war. Der Junge wurde zu Hause dauernd geprügelt.
Ein achtjähriges Mädchen lief bei Rot direkt in ein Auto, überlebte den Unfall nicht. In ihrer Schultasche fanden die Eltern später einen Abschiedsbrief. Das Mädchen war auf das Baby in der Familie eifersüchtig, fühlte sich zurückgesetzt.
Ein elfjähriges Mädchen wuchs bei Pflegeeltern auf, wurde materiell verwöhnt, bekam jedoch zu wenig Zuwendung. In ihrer Einsamkeit zerkratzte das Kind mit einem Nagel die Möbel. Dann sprang es aus dem Fenster. Später lasen die Pflegeeltern ihr Gekritzel auf Schrank und Wänden. Da stand das Wort "Mama".


Ich bekam den Artikel nachdem ich mich mit Jojo über den kleinen, fünfjährigen Jungen unterhalten hatte, der versuchte sich aufzuhängen, weil seine Eltern sich scheiden lassen.
Ich kann grad nicht viel dazu sagen und habe einen dicken Kloß im Hals, trotzdem dachte ich, ich teile den Bericht mal...
Hier der komplette Artikel
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Beitragvon BassHead » Sa Jan 31, 2009 21:42

Ich muss ganz ehrlich sagn solche Horrormeldungen treffn mich nicht mehr wirklich allerdings der letzte Fall mit dem Kind das überall Mama an die Wand geschriebn hat ist schon iwie wie in einem Horrorfilm...
Und so verliern sich meine Worte die banal dir sagen wollen dass ich dich mag
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Beitragvon Sophie » So Feb 01, 2009 20:31

Natürlich finde ich es nicht besonders toll, wenn gerade Kinder Suizidgedanken haben oder gar Suizid begehen. Trotzdem: Warum sollte es nicht so sein bzw. warum sollte es anders sein als bei Erwachsenen? Etwa nur weil es Kinder sind??? Unsinn! Kinder sind auch Menschen. Und sie funktionieren demnach wie Menschen.

Außerdem muss ich auch trotzdem leider finden, dass dieser Artikel ^ das Thema maßlos überdramatisiert. Als wäre dieses Phänomen das absurdeste und neuste, das jemals entdeckt wurde. So ist es aber nicht. Ab 10 Jahre wird Suizid zwar noch als etwas seltener und traurig angesehen aber dennoch als "normal" (aufgrund der Entwicklung - siehe unten).
Genauso/deshalb ist es unüblich zwei Altersgruppen, die sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden (was bei diesem Thema eine sehr bedeutende Rolle spielt) in einen Hut zu werfen (wie hier geschehen) und dies als gegenseitige Beweislage anzuführen.

Denn Fakt ist: Kinder ab ca.9/10 Jahre haben ein klares Bild von der Bedeutung von Selbstverletzung, Tod und deren Folgen. Da geht es ca.los und wird mit der Zeit deutlicher (deshalb auch steigende Suizidzahlen mit steigendem Alter bei Kindern und Jugendlichen).
Alles was ab 9 Jahre abwärts geht ist selten. Kommt aber vor. Alles was ab 6 Jahre abwärts geht ist SO selten, dass jedes einzelne Kind "berühmt" wird.
Das heißt aber nicht, dass Kinder in dem Alter keine Suizidgedanken haben können. Genaugenommen haben sie das sogar recht häufig. In unterschiedlicher Erntshaftigkeit (je nach Alter und Persönlichkeit).
Aber sterben wollen sie - wie hier behauptet - meiner Meinung nach deshalb noch lange nicht.

Was häufig vorkommt ist, dass Kinder unter 10 selbstverletzendes Verhalten an den Tag legen, das durchaus auch tödlich sein kann. Um ihren Eltern indirekt mitzuteilen wie schlecht es ihnen geht. Also quasi genauso wie bei Erwachsenen. Im Gegensatz zu Erwachsenen haben sie dabei aber keine Einschätzungsmöglichkeit dessen, was die Folge davon WIRKLICH bedeutet. Weshalb der Junge oben sagt: "Ich wollte nicht sterben. Ich wollte nur...."

Tut mir ja leid, dass ich den Artikel so zerreiße. Ich finde aber die Darstellung in diesem einfach unsensibel und schlicht und ergreifend falsch. Es werden Infos ausgelassen und die Beispiele werden als Selbstverständlichkeit dargestellt. Genauso wird über die Beispiele geurteilt - wie gesagt ohne Info - ohne dem Leser die Chance zu geben, sich da selber drüber Gedanken zu machen. Der Junge, der eine Flüssigkeit trank, wollte garantiert nicht sterben (wobei noch zu sagen wäre, das die Einnahme von Substanzen als "Zeichen" absolut typisch ist), ebenso bezweifle ich das bei dem Jungen, der sich erhängen wollte.


Ich betone nochmal, dass ich Suizid bei Kindern, Jungendlichen und Erwachsenen insgesamt schlimm finde. Gerade bei Kindern ist es erst recht traurig. Warum muss ich ja nicht erwähnen. Wie dieses Thema in dem Artikel aber hochgepuscht wird, passt mir zugegeben einfach so ziemlich Null.

Deshalb abgesehen von meiner in diesem Post enthaltenen Meinung halt die Infos. Damit "man" wenigstens in diesem Forum die Chance hat, den Aussagen dieses Artikels nicht nur unwissend ausgeliefert zu sein :wink:

Ich glaub..... jetzt hab ich genug getippt. :roll:

*edit*
Hui - das ^ is viel geworden :oops:
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Beitragvon absynthe-eyes » Mo Feb 02, 2009 20:40

Ich finde daran schlimm, dass es erst soweit kommt und Eltern vorangehende Zeichen (die es ja in jedem Fall geben wird) anscheinend nicht wahrnehmen, ihren Kindern nicht genug Stabilität und Sicherheit bieten, sie aufklären und mit ihnen reden. Mir ist bewusst, dass, je nach Charakter, Kinder nicht unbedingt zu ihren Eltern und Geschwistern rennen um sich die Sorgen von der Seele reden, aber als Elternteil sollte einem doch auffallen, wenn das Kind beginnt sich zurückzuziehen oder Kummer hat. DAS finde ich traurig und das ist auch der Faktor, der mich extremst aufgewühlt hat.

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Beitragvon Malte » Mo Feb 02, 2009 21:27

Kann gelöscht werden
Zuletzt geändert von Malte am So Mai 30, 2010 18:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon LeviathanX » Mo Feb 02, 2009 21:49

was wohl schlimmer ist. .. Kinder die wegen Vernachlässigung suizid begehen oder 8-15 jährige Kinder die sich deswegen in Gruppen gegenseitig anstacheln, die Königin des Gangbangs zu sein (mit Erwachsenen wohlgemerkt) - von sowas hatte ich auch mal ne Reportage gelesen..
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Beitragvon whispervoice » Di Feb 03, 2009 13:23

Messiah_of_Death hat geschrieben:was wohl schlimmer ist. .. Kinder die wegen Vernachlässigung suizid begehen [...]

Wenn ein Kind/Mensch Selbstmord begeht oder es auch nur versucht, ist das immer schlimm - egal aus welchem Grund es/er das tut! Meine Meinung.

Zum Thema:
Sicher ists nichts Neues, dass auch Kinder suizid-gefährdet sein können und dennoch empfinde ich es als schockierend, sowas zu lesen...
Liegt wahrscheinlich daran, dass ich der festen Überzeugung bin, dass man als Kind eigentlich noch sorgenfrei und unbeschwert sein sollte! Aber welches Kind verlebt heutzutage schon noch eine solch sorgenfreie und unbeschwerte Kindheit? Kaum eins, nehme ich an.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Familienprobleme, in die die Kinder mithineingezogen werden oder die ihnen einfach nicht verborgen bleiben; Eltern, die ihren Kindern zu wenig Zuneigung und Aufmerksamkeit schenken oder aber zuviel davon; Alleinerziehende, die ihrem Kind zuviel Verantwortung auftragen oder sie als Partnerersatz missbrauchen usw.
Die Liste ist sicher lang und es ist wahrscheinlich, dass in manchen Familien sogar mehrere Faktoren aufeinandertreffen.
Dass eben auch ein Kind auf solche/zuviel seelische Belastung mit SVV oder gar einem Selbstmordversuch reagieren kann ist also alles andere als ungewöhnlich (auch wenn der Artikel es so darzustellen versucht), da diese wie Sophie schon sagte, eben auch nur Menschen sind.
Das Ganze ist einfach nur traurig, aber eben leider auch wahr.
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Re: Selbstmord im Kinderzimmer

Beitragvon Tirao » Mo Mär 23, 2009 19:02

Kann es sein, dass es sich bei diesem Artikel eigentlich um zwei unterschiedliche Artikel handelt? So (also als ein einzelner Artikel) betrachtet bringt er nämlich zwei völlig unterschiedliche Fallarten durcheinander.

Der Artikel spricht von Kinder, die auf Grund von mangelhafter Liebe und Zuwendung bis zum ersten Lebensjahr erst im Alter zwischen sechs und 14 selbstmorgefährdet sind. [Erster Absatz] Das heißt das durchaus auch jene Kinder selbstmordgefährdet werden können, die in völlig intakten Familienverhältnissen ein, ich sag mal unbeschwertes Leben führen, deren Eltern ihm aber (möglicherweiße auf eigener sozialer Inkompetenz basierend) nicht genug Liebe und Aufmerksamkeit entgegen gebracht haben. Ich finde das insofern interessant, da im ersten Lebensjahr ja das Gedächtnis noch nicht in dem Umfang arbeitet, wie es das später einmal tun wird. Das Gefühl nicht oder nur mangelhaft geliebt zu werden, ist in solchen Fällen also irgendwo im Unterbewusstsein verankert. Deswegen ist der/die Betroffene nicht gleich selbstmordgefährdet. Aber es ist ein Nährboden für psychische Störungen und Probleme, die natürlich unter Einbezug anderer (späterer) Faktoren durchaus Depressionen begünstigen können und somit möglicherweiße zum Suizid führen.

Der Junge, der ätzendes Spülwasser trank weil er daheim geprügelt wurde - um nur mal ein Beispiel herauszunehmen - ist ein ganz anderer Fall. Er hat dauerhaft oder zumindest regelmäßig unter der Belastung gelitten, nicht geliebt zu werden. Das nicht auf unbewusster sondern auf bewusster völlig rationaler Basis. Den man kann bei einem Kind, das daheim verprügelt wird kaum von mangelhafter Liebe sondern eher von einem ganzen Broken Hass gegen das Kind sprechen. Es ist nur logisch, dass dieser Junge eher an Selbstmord denkt, als das Kind, dass im Anfangsstadium seines Lebens "lediglich" nicht genug Zuneigung erfahren hat.

Natürlich lassen sich die Falle meist nicht strichgenau trennen, da dass verprügelte Kind kaum eine von Wärme und Zuneigung bestimmte Lebensanfangsphase gehabt habe wird. Aber zumindest die Aussage:
Dieses Defizit läßt sich nur mit Hilfe von Fachleuten ausgleichen. Wenn das nicht passiert, sind diese Kinder ein Leben lang gestört.
halte ich für für falsch. Zu verallgemeinert.
Kann, muss aber nicht. Ob und wie etc, das hängt sicher noch von einem ganzen Ast anderer Faktoren ab.
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Re:

Beitragvon Gedankenfabrik » Mo Aug 02, 2010 00:41

absynthe-eyes hat geschrieben:Ich finde daran schlimm, dass es erst soweit kommt und Eltern vorangehende Zeichen (die es ja in jedem Fall geben wird) anscheinend nicht wahrnehmen, ihren Kindern nicht genug Stabilität und Sicherheit bieten, sie aufklären und mit ihnen reden. Mir ist bewusst, dass, je nach Charakter, Kinder nicht unbedingt zu ihren Eltern und Geschwistern rennen um sich die Sorgen von der Seele reden, aber als Elternteil sollte einem doch auffallen, wenn das Kind beginnt sich zurückzuziehen oder Kummer hat. DAS finde ich traurig und das ist auch der Faktor, der mich extremst aufgewühlt hat.

Diese Welt hat nicht genug Liebe für ihre Menschen übrig.


Dazu spreche ich jetzt mal aus meiner Sicht. (Sorry, falls das für einige zu offen sein sollte!)
Zeichen gibt es immer. Wenn ein Kind aber - wie in meinem Fall - immer schon zurückhaltend und viel im Zimmer war, immer schon distanziert und selbstständig, woran sollen die Eltern eine Verhaltensänderung festmachen? Dazu kommt, dass auch schon Kinder - wenn sie wollen - perfekte Schauspieler sein können. Dass irgendwas nicht stimmt, ist in meinem Fall erst aufgefallen, als ich immer öfter die Schule schwänzte (8./9. Klasse), eine Klasse wiederholen musste, obwohl ich keine schlechten Noten hätte haben müssen.
Dazu kommt, dass Eltern oft viel zu viel Angst vor der "Wahrheit" haben, nicht aufgeklärt genug sind. Dann wird irgendwann mal zögerlich nachgefragt, was denn nicht stimme und wenn man dann abwinkt und sagt, dass es kein Problem gäbe, wird das einfach zu gern geglaubt. Es ist nicht immer alles klar ersichtlich, die Grenzen verwischt und im Endeffekt ist es nach wie vor ein Tabuthema.

Dazu kommt, dass wirklich nicht alles immer nur mit den Eltern zusammenhängt. Eine Scheidung ist kein Pappenstiel, Streit zu Hause auch nicht und wenn Eltern nie zu Hause sind, ist das auch nicht das angenehmste, für viele Kinder (wobei mich letzteres nie gestört hat), aber das sind (fast alles) Dinge, die man niemandem vorwerfen kann. Jedes Kind tickt da anders, geht anders damit um und selbst, wenn sich die Eltern noch mehr reinhängen und versuchen, es abzufangen, heißt das nicht, dass das gut geht. Aber dafür wieder eigene Bedürfnisse hinten an stellen? Ich denke, da muss eine gute Waage gefunden werden.
Fakt ist übrigens auch, dass psychische Krankheiten eine hohe Erbchance haben, aber die gilt es erstmal zu erkennen.

Tirao hat geschrieben:
Dieses Defizit läßt sich nur mit Hilfe von Fachleuten ausgleichen. Wenn das nicht passiert, sind diese Kinder ein Leben lang gestört.
halte ich für für falsch. Zu verallgemeinert.
Kann, muss aber nicht. Ob und wie etc, das hängt sicher noch von einem ganzen Ast anderer Faktoren ab.


Sehe ich genauso. Es gibt Menschen, die haben das Problem phasenweise bis einmal im Leben und dann gibt es Menschen, die andauernd damit zu kämpfen haben. Die einen schaffen es, ohne fremde Hilfe, die anderen nicht.
Dazu gilt es auch noch, die passende Therapieform zu finden, den passenden Therapeuten, ob stationär, oder nicht. Da spielen so viele Dinge durcheinander und dazu ist jeder Mensch anders gestrickt, dass man das einfach gar nicht so stehen lassen kann.


Huh, genug von mir. :)
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