Hier ein Bericht von freiepresse.de:
Fleiß und Anpassung
Die Folkrocker Letzte Instanz aus Dresden legen als eine der erfolgreichsten deutschen Untergrund-Bands ihre neue CD "Heilig" vor
Dresden. All zu tief will Rainer "Holly" Loose, Sänger der Dresdener Band Letzte Instanz, mit den verschlagerten Hitparadengruftis von Unheilig nicht in einen Topf geworfen werden. Jeder Ton der eben erschienenen neuen CD, die ausgerechnet "Heilig" heißt und nach dem Vorgänger "Schuldig" als zweiter Teil einer Trilogie angepriesen wird, komme aus dem Bauch, beteuert er. Trotzdem, die Szene ist in Aufregung: Die Parallelen zu Unheilig, neben denen die Letzte Instanz schon seit Jahren auf den Konzertbühnen der Republik steht, sind offenkundig - nicht nur, weil Holly wie Unheilig-Sänger der Graf mit Glatze auf die Bühne geht. Beide Bands vermischen allerlei subkulturelle Musikstile zu einer gefälligen, massenkompatiblen Mixtur, beide pendeln zwischen hartem, teilexperimentellem Rock und herzigem Balladenschmelz, beide haben sich in den letzten Jahren stetig steigenden Fan-Zuspruch erkämpft und beide scheuen sich nicht, ihre Botschaften in simple Worte zu packen. Nachdem Unheilig mittlerweile als erste Band aus der so genannten Schwarzen Szene den ganz großen Erfolg feiern kann, fragen sich die Bands der zweiten Reihe, ob dass auch andere Vertreter schaffen könnten.
Die Grundausstattung der neuen Instanz-CD "Heilig" ist dazu zumindest geeignet: Die Band agiert zwar mit ähnlicher Methode, unterscheidet sich musikalisch aber ausreichend von Unheilig. Einst unter dem Label "Brachialromantik" gestartet, klingt das Septett aus Sachsen, mittlerweile verstärkt durch zahlreiche Musiker aus Bayern, immer noch an vielen Stellen hübsch folkig. Geige und Cello der handwerklich nur mäßig begabten Streicherfraktion sind zwar fast immer mit viel Keyboard verklebt, aber das muss kein Nachteil sein. Und die exquisite Gitarrenarbeit vom Hofer Saitenzauberer und Hauptkomponisten Oliver Schmidt gibt der Instanz jenen Schuss Raffinesse mit, der Unheilig vollkommen fehlt. Das sorgt dafür, dass die Band beim ursprünglichen Stammpublikum nach wie vor Respekt genießt, der dem Grafen längst abhanden gekommen ist. Dass die Dresdner keine sonderlich tollen Songschreiber sind, machen sie mit viel Elan und Fleiß bei Tourneen wett, was sie in den Herzen vieler Fans tief verankert hat. Dass Sänger Holly stolz darauf ist, seine Texte eher schlicht zu halten ("Es reicht, wenn man alles in einen Hauptsatz packen kann!") hat dabei noch nie gestört. Die Letzte Instanz macht auf "Heilig" feinste Szene-Unterhaltungsmusik ohne große Ecken und Kanten - wie sie sich der Mainstream seit Jahren wünscht: Für ihn neu und aufregend, aber nie anstößig oder verschreckend.
http://www.letzte-instanz.deVon Tim Hofmann
Erschienen am 08.10.2010
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