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28. Januar 2013 :: Andi schreibt:

28. Januar 2013 :: Andi schreibt:

Beitragvon Blueeye » Di Jan 29, 2013 08:42

:: Die PlaymoBEAT-Montags-Kolumne ::


28. Januar 2013 - Andi Bühler schreibt:


Wie entsteht Glaube?

Oder besser gesagt: Wie kommt es, dass vernunftorientierte Menschen von Dingen überzeugt sind, die unvernünftig scheinen?
Warum glauben wir manche Dinge und andere eben nicht?
Wir orientieren uns an Instanzen, die sich in der Beurteilung von Vorkommnissen bewiesen haben oder wenigstens so tun als ob.
Es beginnt damit, dass wir unseren Eltern glauben, wenn sie uns von Einhörnern erzählen. Es kann recht lange dauern, bis wir dahinterkommen, dass das vielleicht nur ein unbedachter Gag war, dem wir jahrelang auf den Leim gegangen sind. Sie gingen davon aus, dass man früher oder später sowieso die Wahrheit erfahren würde. Hauptsache, das Kind gab für ‘ne Weile Ruhe und hatte ein paar schöne Geschichten, die ihm die Welt bunter erscheinen ließen. Daran ist sicherlich auch nichts Falsches. Ich mochte meine Einhörner, ich mochte den Weihnachtsmann und den Osterhasen und als sie alle dann von der Realität verschlungen wurden, war das auch nicht so tragisch.
Schwieriger wird es, wenn aus politischen Gründen Geschichten zu Tatsachen erklärt werden. Weil sich das zuständige Gremium zuvor das Vertrauen der Bevölkerung erarbeitet hat, werden die unsinnigsten Ammenmärchen zu Fakten, auf die man sich berufen darf und muss. Das gilt für Geschichten, die man offiziell als Religionen bezeichnet und für Religionen, die man noch nicht offiziell als solche bezeichnet, gleichermaßen.
In Musikerkreisen gibt es solche Instanzen auch. Meinungsgeber, die unfehlbar scheinen und deshalb eindeutige Fehler zu “großartigen Ideen” krönen dürfen.
Es wird geglaubt und darüber hinaus auch noch verteidigt.
Unfehlbar werden Dinge ganz schnell, wenn sie irgendwo schwarz auf weiß stehen. Wenn z.B. ein Drummer-Magazin einen Drum-Groove aus einem bekannten Song in fein aufgeschlüsselten Noten abdruckt, bedeutet das für die Glaubensgemeinschaft, dass der Groove damals vom Großmeister XY genauso gespielt wurde und dass er das auch genauso wollte.
Mag ja durchaus sein. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass wenn in einem straighten Led Zeppelin-Song, der von einem eingängigen Riff und einem tollen 4/4-Groove lebt, unverhofft in einem Refrain ein 9/8-Takt eingeschoben wurde, dies nicht unbedingt geschah, weil die Band dies als großartige Idee ansah. Wahrscheinlicher ist es, dass der Gitarrist bei seinem kurzen Solo einfach mal kurz mit dem Finger an einer Seite hängengeblieben und die restliche Band dann eben nach kurzer Verwirrung auf Kopfnicken des Besagten eine Achtelnote später eingestiegen ist. Eine gute Band reagiert aufeinander. Nun wird das dreißig Jahre später analysiert und tausende Musiker rackern plötzlich gegen ihr hart antrainiertes Groove-Gefühl, um den blöden 9/8-Fauxpas in diesem Stück darbieten zu können und das, obwohl die Original-Band auf ihren Live-Konzerten selbst nie auf die Idee gekommen ist, ihre eigenen Fehler zu kopieren.
Ob Led Zeppelin oder Jesus – diejenigen, die für den Inhalt der Religionen verantwortlich sind, hätten bestimmt einiges zu den Interpretationen ihres Schaffens zu sagen. Aber die werden ja nicht gefragt! Antworten gibt es viele und nur weil jemand behauptet, dass seine die richtige ist, muss das noch lange nicht stimmen.
Mitdenken und im Zweifelsfall auf den Bauch hören – das kann einem viele zusätzliche und fehlende Achtel ersparen.
Nur wer sich erhebt, kann sich auch widersetzen!
Blueeye
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