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06.Mai 2013 :: Andi schreibt:

06.Mai 2013 :: Andi schreibt:

Beitragvon Sophie » Mi Mai 08, 2013 06:39

:: Die PlaymoBEAT-Montags-Kolumne ::



06.Mai 2013 - Andi Bühler schreibt:



In der Zone

Ich lebe in Zone 45. Das ist kein militärisches Sperrgebiet und auch kein neuer hipper Berliner Club.
Es besagt, dass ich mein Auto, gegen Entrichtung eines kleinen Beitrags an die Stadtkasse, ab jetzt in einigen auserwählten naheliegenden Straßen parken darf, wenn ich mit einem hübschen Aufkleber beweisen kann, dass ich zur Zone gehöre.
Alle, die das nicht können, müssen woanders parken oder ganz viel Geld bezahlen. Mein Auto ist sehr alt und rostig. Der kleine Aufkleber auf der Windschutzscheibe ist vermutlich das Wertvollste am ganzen Gefährt und jetzt habe ich ein bisschen Angst um ihn. Was, wenn nun nachts ein Vermummter die schlecht schließende Tür aufbricht und sich meinen Aufkleber grabscht? Dann darf ich nicht mehr in Zone 45 parken und muss zu einem circa 30 Minuten entfernten Kiez ausweichen, wo die Menschen noch frei sind und jeder da parkt, wo er gerne möchte. Mein Auto wäre dann ganz weit weg und alleine und ich müsste immer nachts an brennenden Mülltonnen und heulenden Wölfen vorbei mit Tränen in den Augen nach Hause rennen.
Aber ich habe auch Angst vor dem Alleinsein! Wird mich denn überhaupt nochmals jemand in meiner Zone besuchen kommen? Kann ich in Zukunft niemanden mehr nett auf einen kurzen Kaffee zu mir hereinbitten, weil dann gleich sein oder ihr Auto abgeschleppt wird?
Ich lebe in Zone 45 und darf hier parken. Zwei Straßen weiter beginnt Zone 44 – da darf ich nicht parken. Wenn mich meine Mutter mit dem Auto besucht, darf sie überhaupt nirgens parken und ich laufe nur schnell runter auf die Straße und winke ihr von weitem zu. Das ist nicht schlimm, denn wir können uns ja Briefe schreiben.
Es ist wichtig, dass es solche Zonen gibt. Damit kann man die Menschen besser einteilen und ihnen dazu noch das Gefühl geben, dass sie nun mehr Rechte als andere besitzen. Außerdem gibt es viele junge und alte Menschen, die immer aus dem Fenster schauen, weil sie nichts zu tun haben und nun täglich eine kleine Show geboten bekommen, wenn Strafzettel ausgeteilt werden und der Abschleppwagen nicht mehr zur Ruhe kommt.
Ja, so ist das eben. Der Fortschritt ist unser Freund und dagegen können wir nichts tun. Er wird immer für uns da sein – auch wenn er nicht bei uns parken darf.
Nimm jedes Wort aus meiner Kehle
Trag jedes Wort von mir bei Dir
Denn nur mein Wort hat eine Seele
Ganz anders als der Rest von mir
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