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19. August 2013 :: David schreibt:

19. August 2013 :: David schreibt:

Beitragvon Sophie » Di Aug 20, 2013 07:19

:: Die PlaymoBEAT-Montags-Kolumne ::

19. August 2013 - David Pätsch schreibt:



Ich fahre Rad, also bin ich

In Berlin gibt es die verschiedensten Möglichkeiten, von A nach B zu kommen. Zum Beispiel das Auto.
Die meisten Fahrten enden mit dem Auto enden in Berlin allerdings unvermeidlich in der Parkplatzsuche.
Ich erinnere mich an einen motorisierten abendlichen Ausflug von Friedrichshain nach Prenzlauer Berg.
Nachdem ich am Zielort eine Dreiviertelstunde nach einem Stellplatz gesucht hatte, fuhr ich wieder nach Hause.
Sicherlich ist ein Samstagabend in einer Ausgeh-Gegend, die selbst in internationalen Reiseführern als “must see” angegeben wird, nicht der richtige Zeitpunkt zum Parken. Deshalb nehme ich seit diesem Erlebnis das Fahrrad. Seitdem steht für mich immer eine “Parke” vor der Tür bereit.

Das Wort Fahrrad konnte ich übrigens erst im Alter von 10 Jahren schreiben.
“Farat” war einer meiner ersten Versuche. Dann ging ich über in “Farradt” und hatte eine Zwischenphase mit “Varahd”, die in “Pfarahd” mündete, bevor ich mich schließlich mit der richtigen Orthographie auseinandersetzte.

Berlin ist relativ groß, aber das für mich interessante Areal ist eher klein.
Ein Grund mehr, leicht und sanft durch die Stadt zu gleiten. Der einzige negative Punkt bisher war der Regen, der aber – mal kalt, mal warm – einem harten Neuköllner nichts anhaben kann. (Meine Mutter pflegte zu sagen: “Man, du bist doch nich aus Zucker, wa?”)
Ich schrieb bewusst “der einzige negative Punkt…bisher”: Ein weiterer Tiefpunkt für Radler wird die geplante Helmpflicht werden.
Warum das?
Wenn ich einen Helm aufhabe, fühle ich mich geschützt, weil durch dieses Gefühl auch das Tragen eines Schutzes impliziert wird.
Wenn ich mich geschützt fühle, gehe ich aber anders mit vermeintlichen Gefahrensituationen um.
Ich werde womöglich Gefahren nicht zu meiden suchen, sondern davon ausgehen, dass ich geschützt bin.
In Australien fuhren nach der Einführung der Helmpflicht weniger Menschen Rad bei gleichzeitiger Erhöhung der verunglückten Radfahrer.
Ich finde, ein Helm ist im Gelände und bei Bergabfahrten sinnvoll, wo die Fahrer zum Teil 90 Stundenkilometer schnell unterwegs sind.
In der Stadt werden Unfälle jedoch meines Erachtens eher durch defensives, vorrausschauendes Fahren verhindert.
Ich gehe grundsätzlich nicht davon aus, dass ich von Autofahrern gesehen werde. Fahrradwege sind zumal sehr gefährlich. Die rechts abbiegenden Autos übersehen die herannahenden Radler oft, also versuche ich wenn möglich, den Abbieger links zu umfahren. Werde ich angehupt, freue ich mich. Denn dies bedeutet schließlich, dass ich gesehen werde – und jemanden, über den man sich aufregt, wird man wohl kaum aus Versehen überfahren.

Diese Umsicht kann kein Helm wettmachen. Es ist wie beim Auto. Mit diesen Dingern kann man immer schneller fahren und baut daher passive Sicherheitssyteme ein, um Menschen beim Unfall vor Verletzungen zu schützen. Stattdessen könnte man langsamer fahren und würde dadurch weniger Unfälle verursachen. Die Industrie baut Höllenmaschinen um sie dann wieder sicherer zu machen.

Sicherheit ist ein Verkaufsargument für Versicherungen, Helmhersteller und die NSA. Das Leben ist nicht sicher, es endet meist tödlich, aber bis dahin hat man die Möglichkeit, ein glückliches und selbstbestimmtes Dasein ohne Angst zu führen. Ich bin dabei.

PS.: Außerdem stören Helme beim Küssen.
Nimm jedes Wort aus meiner Kehle
Trag jedes Wort von mir bei Dir
Denn nur mein Wort hat eine Seele
Ganz anders als der Rest von mir
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