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27. Januar 2014 :: David schreibt:

BeitragVerfasst: Mi Jan 29, 2014 15:27
von Naminé
:: Die PlaymoBEAT-Montags-Kolumne ::

27. Januar 2014 :: David schreibt:

Gemüse, Teil 3

Entschuldigt bitte, wenn ich von ihr schwärme. Keine ist wie sie. Ihre Rundungen sind einmalig und kleine Narben lassen ihre sonstige Schönheit noch mehr glänzen. EU-Verordnungen können ihrer Individualität nichts anhaben. Im Gegensatz zur Gurke ist die Kartoffel, von der ich hier schreibe, ein Anarchist unter den Gemüsesorten.
Gerade die Gurke darf nicht zu gebogen, nicht zu gerade aber auch nicht zu klein gewachsen sein. Dieser Ansatz spiegelt sich in einer Aussage Till Lindemanns wieder: “Size does matter after all.” “Es kommt nicht auf die Grösse an, sondern wie man damit umgeht!” erwidert der Volksmund und zieht eine Parallele zwischen dem Handwerk, der Anwendungstechnik und dem Geschmack. Ein Koch gilt hier als der Fachmann schlechthin, denn letztlich geht es hier darum, alle Facetten des Kartoffelgeschmacks zu entfalten, auch, wenn es ganze Industriezweige gibt, die den Erdapfel zweckentfremden.
Der Kartoffeldruck, millionenfach in Kinderzimmern, Kitas, Kilas und Schulen durchgeführt, ist nur ein Beispiel dafür.
Eine Kartoffel ist für mich ein Sinnbild der Attraktivität und Vergänglichkeit. Irgendwann muss sie gehen, sei sie noch so schön.
Wie ein neues Snarefell. Es ist unbefleckt und weiss. Jeder Schlag bringt ein neues Muster hervor und lässt es besser klingen. Nur wenn es oft gespielt wird, entwickelt das Fell seinen individuellen Klang. Es wird stimmstabil und lässt auf Vorlieben und Techniken des Besitzers schliessen.
Der Besenfachmann hinterlässt einen fast schwarzen Belag, wogegen der Pedant eine einzige zweieurogroße Abnutzungsstelle in der Mitte des Fells hinterlässt.
Vergessliche Schlagzeuger schreiben ganze Setlisten oder Noten von Stückanfängen auf das Fell.
Dazu gehöre ich. Falls ein Bühnen-Techniker das Fell wechselt, ist man aufgeschmissen. So ist für mich jeder Wechsel ein Abschied.
Eine Trennung von einem gewohnten Klang, einem Bild und meinen Notizen.
Die Individualität der Kartoffel ist somit für Schlagzeuger ein Sinnbild der Einzigartigkeit jeden Snarefells.