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09. Juni 2014 :: Andi schreibt:

09. Juni 2014 :: Andi schreibt:

Beitragvon Blueeye » Mi Jun 11, 2014 21:03

:: Die PlaymoBEAT-Montags-Kolumne ::

09. Juni 2014 :: Andi schreibt:

Auge um Auge, Ohr um Ohr

Noch einmal volle Kanne Gitarre, das letzte “Yeehaaaa” wird kreislaufgefährdend so lange gehalten, bis der Schlagzeuger endlich alle Trommeln und das gesamte Blech vollständig durchgearbeitet hat und schließlich endet es mit dem wohlverdienten Rums auf einem versöhnlich Bassgrundton. Die Show war hart, aber schön.
Das Dröhnen lässt nach und meine Ohren suchen die verdiente Stille. Aber was ist das? Da ist noch immer so etwas wie Musik zu hören. Dancefloor und Eurobeats zerlegen die Idylle und wenn man sich mal umsieht, erblickt man hinter der Bühne einen Autoscooter und einen Freefalltower, die dem Nervenkitzelsuchenden ihren jeweiligen Soundtrack aufdrücken.Und das während wir uns die Seele aus dem Leib gespielt haben? Die ganze Zeit? Die ganze Zeit. Parallel. Ok, wir waren viiiiiiel lauter. Ich blicke in die blutunterlaufenen Augen des Autoscooter-Ferienjobbers. Die Nerven liegen blank und das nicht, weil es schlimme Dinge zu sehen gab, sondern weil die Ohren so einen unfassbaren Trash-Mix aushalten müssen. Lautstärke ist die eine Sache – der Eine mags, der Andere nicht. Aber wenn alles durcheinander geht, wird daraus Lärm und das tut weh.
Die Toleranz gegenüber besagtem Angriff auf unsere Sinne ist anscheinend unfassbar hoch. Die Evolution hat da ganze Arbeit geleistet. Lärm zu ertragen gehört zum guten Ton und Lärmempfindlichkeit ist uncool.
Wer im Sommer schonmal mit der Berliner S-Banh gefahren ist, weiß, was ich meine. Es ist heiß und stickig und natürlich werden alle Fenster in den Abteilen geöffnet. Das bringt ein bisschen Kühlung, aber außerdem bringt es Lärm! Quietschende Gleise – und das ist mal richtig krass. Als würde man ein ausgewachsenes Schwein direkt an dein Ohr halten und dann langsam abstechen.
Doch der Mensch von heute ist knallhart. Da verzieht sich nicht ein Gesicht. Wenn ich mir die Finger in die Ohren stecke, werd ich komisch angeschaut. Das muss man doch aushalten können. Hä?
Wenn ein bisschen die Sonne scheint, sitzt plötzlich auf jeder Nase eine Sonnenbrille als Schutz vor der Reizflut. Wenn bei einer Modeschau die Models häßlich sind, wendet man getroffen das Auge ab. Sobald es ein bisschen blendet, stöhnen alle und die Pöbeleien nehmen kein Ende. Die Augen sind anscheinend wichtig und da muss man auch keinen Hehl draus machen.
Ich war gestern nach der S-Bahnfahrt auf einem Konzert. Der Sound war mies. Stört es jemanden? Ne. So lange man kucken kann, ist das Konzert gut. Hauptsache jemand hampelt rum. Klangerlebnis ist zweitrangig.
So, und nun schließ mal die Augen und hör noch mal hin. Wahnsinn, oder? Wir nutzen nur 10% unseres Gehirns. Und wir nutzen auch nicht mehr von unserem Hörsinn. Probiert es mal aus. Einfach konzentrieren und plötzlich eröffnet sich eine neue Welt. Eine Welt, die man durchaus schützen möchte, weil sie so unglaublich viel bunter und gehaltvoller ist als die des Sehens.
Das soll jetzt kein Wettbewerb sein. Auge gegen Ohr. Nene, ich will ja auch gerne beides behalten und deshalb ziehe ich mir ne Sonnenbrille auf, stecke mir die Finger in die Ohren und sag dem Autoscooterbetreiber und dem Freefalltower-Guru, sie sollen doch bitte ihren Lärm ausschalten, während wir unseren fabrizieren. Ansonsten könnte es beim nächsten Mal zu den piependen Ohren noch ein blaues Auge geben.
Nur wer sich erhebt, kann sich auch widersetzen!
Blueeye
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